Keine CE, CE nach Niederspannungs- oder Maschinenrichtlinie

RobertoCarlos

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Guten Morgen,

folgendes Szenario:

Ein Maschinenbau bestellt bei uns eine Steuerung. Er definiert die genaue Anlage (Motoren, Ventile etc.), Sicherheitseinrichtungen (Lichtschranken & co), und gibt uns die Funktionen vor.

Wir machen die Sistema, konstruieren/zeichnen den Schaltplan, bauen und verdrahten den Schaltschrank, programmieren die Anlage, verkabeln ggfs. die Anlage beim Maschinenbau sowie Endkunden und nehmen die Anlage am Ende auch in Betrieb.

Bei potenziellen Sicherheitsbauteilen bedienen wir uns ausschließlich an den frei am Markt erhätlichen (Siemens F, Pilz, Sicherheitsrelais usw.) und verbauen bzw. programmieren diese nach Vorgabe des Herstellers (in TIA also zB. mit den vorgegebenen Bausteinen).

Zum Schluss vergibt der Maschinenbau als Hersteller die gesamt CE für die Anlage.

Müssen wir für den Schaltschrank nun keine CE (macht am Ende mithilfe unserer Doku der Maschinenbau mit) oder eine CE nach Niederspannungsrichtlinie erstellen?
Gefordert wurde Sie noch nie, die Unterlagen haben wir trotzdem erstellt. Aber müssen/dürfen wir das überhaupt?

Da wir die Sicherheitsfunktionen nicht mit gewöhnlichen Relais oder Logikbaugruppen realisieren fällt die Maschinenrichtlinie laut meiner (und auch der einiger anderer) zumindest definitiv nicht bei uns an. Unser Schrank enthält lediglich Sicherheitsbauteile, ist selbst aber keins. Ohne den Schaltschrank funktioniert ohnehin die Anlage nicht mehr, somit wird er spätestens in Artikel 2 c) auch ausgeschlossen.

Eine exakte Klarstellung findet man auch nirgends, gefühlt jeder legt die Richtlinie anders aus.

Ist hier vielleicht jemand tief drin in dem Thema?

Gruß und vielen Dank im Voraus
 
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Ich würde sagen, ihr müsst eure Tätigkeit in dieser Hinsicht gedanklich in zwei Bereiche aufteilen:
- Schaltschrankbau einschließlich Elektroplanung und ggf. Montage
- SPS-Programmierung und Inbetriebnahme

Für den Schaltschrankbau müsstet ihr in meinen Augen eine CE-Konformität gemäß der Niederspannungsrichtlinie erklären. Die SPS-Programmierung und Inbetriebnahme ist dahingegen eine einfache Dienstleistung, welche keine direkte Verantwortlichkeit im CE Zusammenhang bedeutet.
Die CE-Konformität der Gesamtmaschine erklärt abschließend der Maschinenbauer und baut dabei auf eure Niederspannungs-Konformitätserklärung aus dem Schaltschrankbau. Außerdem benötigt der Maschinenbau für seine CE-Erklärung nach Maschinenrichtlinie etwas Zuarbeit/Dokumentation von euch, bspw. die SISTEMA-Validierung oder ein Abnahmeprotokoll der Sicherheitsfunktionen.
 
Danke schonmal für die Rückmeldungen.

Die Publikation der DGUV habe ich mir auch schon durchgelesen. Laut dieser ist jeder Schaltschrank mit enthaltenden Sicherheitsbauteilen automatisch als ganzes ein Sicherheitsbauteil. Völlig egal wie diese nun realisiert wurden (2.3.2).

Blöd nur, dass dort in Punkt 1 zuerst gesagt wird, der Schaltschrank sei ein Sicherheitsbauteil, wenn er alle Anforderungen aus Artikel 2c) der Maschinenrichtlinie erfüllt, um dann später bei 2.3.2 zu sagen, jeder Schaltschrank mit enthaltenden Sicherheitsbauteilen sei pauschal ein Sicherheitsbauteil als ganzes.

Oder verstehe ich die Aussagen einfach nur falsch 😅

Leider widersprechen der der DGUV in Punkt 2.3.2 aber so ziemlich alle anderen Auslegungen die ich im Internet dazu gefunden (ZVEI, IBF, INMAS etc.). Im Grunde Widerspricht die Maschinenrichtlinie in Artikel 2 c) schon der DGUV Auslegung. Aber auch da: Es sind alles nur Auslegungen.
 
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Ich denke, Du solltest es nicht zu kompliziert machen. ;)
Das Wichtigste ist, dass Du den Schrank elektrisch, wärmetechnisch
und funktionell nach den jeweiligen Normen fachkundig geprüft hast oder Dein
Lieferant das gemacht hat und dies vernünftig dokumentiert ist.
 
Das Thema, ob. bzw. ab wann ein Steuerschrank durch den Einbau von Sicherheitsfunktionen selbst zum Sicherheitsbauteil wird, ist meines Wissens nach nicht verbindlich geklärt. Auch nicht in der neuen Maschinenverordnung. Deshalb bestehen weiterhin diametrale Ansichten dazu.

Habe dazu vor einiger Zeit bei zwei Fachstellen mit gegensätzlicher Meinung zu deren Publizierungen nachgefragt. Beide beharren auf ihrer Auslegung.
Ich würde mich am ZVEI orientieren, denn dessen Feststellung erscheint mir vernünftig (wird vom ZVEI auch so vertreten) und widerspricht auch keinem Text der Richtlinie.

In Ihrem Fall der nicht-Inverkehrbringung des Schaltschrankes gilt zudem eine Textstelle der MR, welche ihn als eigenständiges Sicherheitsbauteil ausschließt:
Artikel 2 c) „Sicherheitsbauteil“ ein Bauteil, — gesondert in Verkehr gebracht wird

Fragestellung:
Bei potenziellen Sicherheitsbauteilen bedienen wir uns ausschließlich an den frei am Markt erhältlichen (Siemens F, Pilz, Sicherheitsrelais usw.) und verbauen bzw. programmieren diese nach Vorgabe des Herstellers (in TIA also z.B. mit den vorgegebenen Bausteinen).

Dazu schreibt der ZVEI in seiner Schrift „ZVEI-Position Inverkehrbringen und CE-Kennzeichnung von Schaltschränken für Maschinen“:
Fall 3.2b: Die Sicherheitsfunktion wird ausschließlich durch Verwendung von Sicherheitsbauteilen realisiert Wenn ein Schaltschrankbauer Sicherheitsfunktionen ausschließlich dadurch realisiert, dass er als solche in Verkehr gebrachte Sicherheitsbauteile zukauft und ausschließlich nach den Vorgaben des Sicherheitsbauteilherstellers in den Schaltschrank einbaut und verdrahtet, ohne eigene Sicherheitsfunktionalitäten hinzuzufügen, wird der Schaltschrank als solcher nicht zum Sicherheitsbauteil. Die Konformitätsbewertung für das Sicherheitsbauteil nach Maschinerichtlinie ist bereits durch den Sicherheitsbauteilhersteller vollzogen. Gemäß Abschnitt 2.1 des sogenannten Blue Guide stellt eine derartige „Kombination aus Produkten und Teilen, die einzeln jeweils den anzuwendenden Rechtsvorschriften entsprechen, […] nicht immer ein Endprodukt dar, das als Ganzes einer bestimmten Harmonisierungsrechtsvorschrift der Union entsprechen muss“.

Laut ZVEI ist das Thema „Sicherheitsbauteil Schaltschrank somit geklärt. Der Schaltschrank ist keines.

Fragestellung:
Ein Maschinenbau bestellt bei uns eine Steuerung. Er definiert die genaue Anlage (Motoren, Ventile etc.), Sicherheitseinrichtungen (Lichtschranken & Co), und gibt uns die Funktionen vor.
Müssen wir für den Schaltschrank nun keine CE (macht am Ende mithilfe unserer Doku der Maschinenbau mit) oder eine CE nach Niederspannungsrichtlinie erstellen?

Dazu schreibt der ZVEI
Fall 2: Der Maschinenhersteller beauftragt einen Zulieferer mit dem Bau des Schaltschranks Der Schaltschrank wird vom Zulieferer im Auftrag des Maschinebauers produziert und an diesen geliefert, aber vom Zulieferer nicht im eigenen Namen vermarktet. Der Zulieferer gilt nicht als Hersteller und die Lieferung an den auftraggebenden Maschinenbauer gilt nicht als Inverkehrbringen. Es gelten sinngemäß die gleichen Prinzipien wie in Fall 1.

Laut ZVEI ist damit auch das Thema „CE“ geklärt. Es ist kein „CE“ erforderlich.

Was wären die Konsequenzen einer doch falschen Zuordnung?

Nach dem Ablaufdiagramm (im Anhang 8 des Guides zur MR) ist dann für Ihren Fall (Sicherheitsbauteile zukauft und ausschließlich nach den Vorgaben des Sicherheitsbauteilherstellers … ) eine „Konformitätsbewertung mit interner Fertigungskontrolle“ (nach MR, Anhang VII) gefordert. Das sollte machbar sein, da es sowieso als Mindeststandard zu empfehlen ist.
 
Vielen Dank für die ausführliche Antwort!

Wir haben uns ebenso für den ZVEI Fall entschieden, der deckt sich auch weitestgehend mit den meisten anderen. Wobei wir intern auch verschiedener Meinung sind, ob wir nun der Fall 2 oder Fall 3.2b sind.

Kollege A argumentiert, dass der Maschinenbau uns doch sämtliche Teile der Maschine (auch Sicherheitsbauteile wie Türschalter/Lichtschranken) vorgibt, er sagt "hier kommen die Antriebe hin, dort sind Lichtschranken oder hier ist eine Schutztür mit Zuhaltung, setzt es in PL C um" und daraus im Grunde mehr oder weniger automatisch die zu verwendenden Bauteile im Schaltschrank resultieren, könnten wir auch darein fallen. Wobei wir aber am Ende den Schaltschrank planen. Wir sagen da kommt nun die Siemens F-Steuerung xy rein, da muss nach der Wäremeberechnung dieses Klimagerät rein und mit den und den Bauteilen erreichen wir nach Sistema auch PL C. Am Ende segnet der Maschinenbau den Plan auch meistens nochmal endgültig ab bevor wir weitermachen.
Das letzte Wort hat immer der Maschinenbau.
Demnach Fall 2

Kollege B sagt, wir planen den gesamten Schrank und die Steuerung nach Lastenheft selbst, zwar nach Vorgaben des Maschinenbaus aber wir wählen die genauen Bauteile unter Berücksichtigung der Teile an der Maschine und ggfs. anderer Vorgaben aus.
Demnach CE nach Nsprl Fall 3.2b

In beiden Fällen würden wir alles machen, sprich von der Zeichnung des Plans bis hin zum Programmieren und der Montage/Inbetriebnahme beim Endkunden.

Eine andere Frage ist auch: Bringen wir den Schrank überhaupt gesondert in Verkehr? Unser Name steht auf dem Plan drauf. Wir liefern ihn an den Maschinenbau als Teil des gesamten Auftrags der Steuerung (inkl. Montage/Inbetriebnahme). Ist jetzt die Frage nun das schon Inverkehrbringen ist oder es erst nachdem wir und der Maschinenbau das Projekt abgeschlossen haben und es an den Endkunden übergeben wurde.


Ein zusammenstellen sämtlicher technischer Unterlagen inkl. Risikobeurteilung nach MR für den Fall, dass wir doch unter die MR fallen, erscheint mir doch etwas übertrieben. Zumindest wenn es sich dann auf die gesamte Anlage bezieht. Der Prozess es nach MR zu machen ist doch um einiges aufwendiger als es nach Nsprgl zu erledigen.

Immerhin scheint das Programmieren, Verkabeln und Inbetriebnehmen außen vor zu sein, denn für das erklärt am Ende der Maschinenbau bei seiner Gesamtbewertung die Konformität.
 
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Eine andere Frage ist auch: Bringen wir den Schrank überhaupt gesondert in Verkehr? Unser Name steht auf Plan und Typenschild drauf.

Anmerkung dazu:
Auch als Fertiger solle man sich schon etwas mit dem Thema Konformität beschäftigen und zu den belieferten Geschäftsfeldern ausreichende Sachkunde aneignen.

In den vielen Schriften zu Schaltschränken ist doch wirklich ausreichend detailliert beschrieben, wie ein solcher Maschinenbestandteil bleibt und ab wann es ein eigenständiges Produkt wird

Ist er Maschinebestandteil, hat er selbst kein Typenschild, sondern ein Schild zur Identifizierung als Komponente der Maschine.
 
Pardon, mein Fehler, in dem Sinne ist es natürlich kein Typenschild der Anlage!

Für uns ist es immer das Typenschild im inneren des Schrankes, dort stehen die elektrischen Kenngrößen drauf und die zugehörige Maschine, aber auf keinen Fall ist es Typenschild der gesamten Anlage.

Dieses Wissen eigne ich mir momentan an, so lange bin ich hier noch nicht angestellt und mir wurde nun auf´s Auge gedrückt, das ganze endgültig zu klären. Vorher in anderen Betrieben hatte ich damit auch nichts am Hut. Der Lehrgang wird auch hoffentlich bald folgen. Der Kollege der das ganze vorher erledigt hat ist leider seit kurzem nicht mehr da...

Gruß
 
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